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IT-Entscheidungsfaktor Kosten
„Open Source Software (OSS) kostet nichts.“ Diese Aussage mag für Privatpersonen zutreffen, ist aber für den Unternehmenseinsatz eine reine Illusion. Trotzdem kann die Kostenersparnis ein triftiger Grund für den Einsatz von OSS in Unternehmen sein.Die alleinige Berücksichtigung des Kaufpreises, also der Lizenzkosten, reicht bei einem Kostenvergleich nicht aus, weil Software installiert, konfiguriert, geschult und gewartet werden will. Das Modell des Total Cost of Ownership, kurz TCO, liefert eine umfassende Kostenbetrachtung und ist deshalb beim Einsatz von OSS von entscheidender Bedeutung.
TCO bedeutet übersetzt „Gesamtkosten für den Besitz“ und umschreibt im Wesentlichen die Kosten im Zusammenhang mit der Anschaffung, Pflege, Nutzung bis hin zur Entsorgung einer Ware.
TCO für den Einsatz von Software
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Direkte Kosten
Die Softwarekosten stehen bei den meisten Diskussionen über OSS im Vordergrund. Das liegt daran, dass durch die ständig sinkenden Hardwarepreise die Kosten für Software einen immer größeren Anteil an den Gesamtkosten ausmachen.OSS ist so gut wie immer in seiner "rohen" Form als Download im Internet kostenlos verfügbar. In den meisten Situationen reicht das nicht aus und schlägt in Form von indirekten Kosten zu Buche, etwa wenn Unternehmen auf regelmäßige Updates Wert legen, oder sicherheitskritische Fehler beseitigt werden sollen. Es gibt auch OSS, die unter dualer Lizenz angeboten wird. Unternehmen entscheiden sich für die kommerzielle Lizenz, wenn etwa Modifikationen an der Software geplant sind und der Wunsch besteht, den veränderten Quellcode nicht wieder unter der GPL freizugeben. Dennoch kann behauptet werden, dass ein realer Lizenzkostenvorteil bei OSS vorhanden ist.
Deutliche Einsparungen machen sich im Bereich von zentralen Infrastrukturkomponenten, wie Serverbetriebssysteme, Datenbanken und Businessanwendungen bemerkbar. Insbesondere dann, wenn kommerzielle Lizenzkosten durch Client Access Licenses (CALs) mit der Anzahl der NutzerInnen steigt. Ebenso kann OSS zu hohen Einsparungen führen, wenn eine große Anzahl von Clients mit der identischen Software ausgestattet werden sollen.
Einsparungen bei Hardwarekosten durch den Einsatz von OSS ist für viele Unternehmen ein ernst zu nehmendes Thema, für das es drei Strategien gibt:
Bei der Verwendung von OSS kann von einer längeren Nutzungsdauer existierender Hardware ausgegangen werden. OSS ist oft modular aufgebaut, sodass es möglich ist, nichtverwendete Softwarekomponenten wegzulassen und auf diese Weise ressourcenschonend vorzugehen. Linux kann beispielsweise nur mit dem Kernbetriebssystem ohne grafische Bedienungsoberfläche laufen und so auf Computer eingesetzt werden, die ansonsten keine Verwendung mehr finden würden. Natürlich muss jede OSS auf ihren ressourcenschonenden Einsatz geprüft werden.
Eine weitere Strategie besteht darin, teure Hochleistungsrechner in Kombination mit proprietären Unix-Betriebssystemen durch preiswerte Intel-Rechner mit Linux zu ersetzen. Dabei zählt nicht nur der große Preisunterschied der Hardware alleine, sondern auch der beim Support. Besonders groß dürfte der Preisvorteil bei einer kompletten Neuanschaffung sein. Der Schulungsaufwand der Administration bei einer Umstellung ist relativ gering, weil sich Unix-Know-How auf Linux übertragen lässt.
Die letzte Möglichkeit einer Kosteneinsparung besteht darin, Dienste und Anwendungen auf eine geringere Zahl von Servern zusammenzuführen. Eine geringere Zahl an Systemen und Hardware senkt auch den Bedarf an Administrations- und Wartungsaufwand.
Auch wenn die angeführten Einsparungspotentiale nicht rein auf den Einsatz von OSS zurückzuführen sind, wird mit OSS jedoch eine Realisierung zu den geringsten Kosten und mit einer größeren Flexibilität und HerstellerInnenunabhängigkeit als mit proprietären Systemen ermöglicht.
Indirekte Kosten
Die Administrationskosten haben eine wesentliche Bedeutung bei der Kostenerfassung im Rahmen des TCO. Sie bilden einen wesentlichen Anteil der Gesamtkosten, besonders dann, wenn durch den Einsatz von OSS die Softwarekosten sehr gering ausfallen. Entscheidende Faktoren für den Administrationsaufwand sind die Homogeneität der IT-Infrastruktur und die technischen Eigenschaften der Systeme. Dabei sollte auch auf die Verfügbarkeit von Managementtools geachtet werden, die eine effiziente zentrale Administration von gesamten Netzwerken ermöglichen.Die Weichen für den Administrationsaufwand werden meist schon bei der Auswahl der Lösung gesetzt. IT-Verantwortliche sollten sich gut überlegen, ob sie die Vollversion von proprietären Lösungen benötigen oder auf eine OSS-Variante mit geringerem, aber ausreichenden Funktionsumfang zurückgreifen wollen. Z. B. könnte MySQL statt Oracle oder eine abgespeckte Linux-Variante statt eines vollständigen Microsoft-Servers eingesetzt werden.
Ein kritischer Entscheidungsfaktor für den Einsatz von OSS fällt den Schulungskosten zu. Wie wir bereits erfahren haben, ist das Know-How im Serverbereich von Unix auf Linux übertragbar. Ganz anders hingegen sieht es auf dem Desktop und dementsprechend für die EndnutzerInnen aus. Je höher die Anzahl der Veränderungen und je einschneidender sie sind, um so größer wird der Schulungsaufwand. Allerdings orientiert sich die Entwicklung vieler OS-Projekte immer stärker am Look & Feel von Windows, sodass der Schulungsaufwand bei einer Umstellung auf OSS immer geringer wird. Das kurz bevorstehende Release von OpenOffice v.2.0 wird sich so gut wie nicht mehr von Microsoft Office unterscheiden.
Besonders kleine und mittelständische Unternehmen, deren Ressourcen an IT-Know How knapp sind, müssen den anstehenden Schulungsaufwand bei einer Migration zu OSS im Auge behalten.
Allerdings kann durch ein gezieltes Outsourcing von Leistungen im Serverbereich viel Geld gespart werden. Damit sind wir bei einem viel diskutierten Thema zur Entscheidung für oder gegen OSS, bei Support und Wartungskosten angelangt.
Dazu zählen die Gewährleistung, der Support bei Nutzung oder Problemen und die Wartung im Sinne von Fehlerbehebung und Updateservice. Das vermeintliche Fehlen von „Verantwortlichen“ bei OSS ist ein rein psychologischer Hemmfaktor, der in der Realität keine Bedeutung hat, denn in der Regel werden die Lizenzbedingungen bei proprietärer Software so formuliert, dass keinesfalls Anspruch auf Schadensersatz möglich ist. Wird OSS im Rahmen eines Werkvertrags von einem lokalen Unternehmen installiert, so steht dieses auch für den reibungslosen Einsatz gerade. Dasselbe gilt auch für den Support. Da Support und Wartung wiederkehrende Kosten sind, stellen sie für den TCO eine wichtige Größe dar. Entscheidend ist jedoch die Preisdifferenz der untersuchten Lösungen.
Zu berücksichtigen sind auch die Integrationskosten von OSS in bestehende Infrastruktur. Die Kosten sind bei einzelnen OSS-Anwendungen meist geringer als bei der Umstellung von Infrastrukturkomponenten, wie z. B. Linux auf dem Desktop. Allerdings kann OSS wegen seiner Offenheit und der damit verbundenen Einhaltung internationaler Standards eine gute Eignung für die Integration mit proprietärer Software bescheinigt werden. Im Falle einer Migration ist zu beachten, dass im Laufe von Jahren oft zahlreiche Programme, Makros und Datenbanken für individuelle Anforderungen eigens erstellt wurden und danach nur mehr eingeschränkt nutzbar sind. Diese Situation stellt aber auch eine Chance zur Bereinigung von Wildwuchs und Altanwendungen dar. Die entsprechenden Daten und Funktionen können einheitlich und unternehmensweit zur Verfügung gestellt werden und senken somit indirekte Kosten, die zum Betrieb dieser Eigenlösungen notwendig sind.
Da eine IT-Ablöse durch OSS in der Regel eine längerfristige Festlegung bedeutet, kann eine Entscheidung nicht nur auf Basis eines Kostenvergleichs gefällt werden. Qualitätsfaktoren und strategischen Aspekten fällt hier eine größere Bedeutung zu.